„Systeme ändern sich, wenn sich die Kommunikation ändert“
(das gilt natürlich nicht immer, nichts ist allgemeingültig (auch das nicht) – aber ändert sich die Kommunikation nicht, ändert sich das System auch nicht – zumindest aus systemtheoretischer Perspektive).
…und bei Shopware ändert sich gerade eine Menge an „Kommunikation“ auf der beobachtbaren Vorderbühne. Ins Hinterzimmer lässt sich ohne direkte Systemzugehörigkeit schwerlich hineinschauen. Wir sind zwar als Plugin-Hersteller und Shopware-Partner irgendwie „lose gekoppelt“, aber werden natürlich kommunikativ besonders bespielt.
Also, Shopware hat am 15.9.22 neue Pläne vorgestellt (damit sind Preise/Tarife gemeint), es wird sogar von einer neuen Ära gesprochen. Diese Dauer-Aufbruchsstimmung ist allerdings schon zur Gewohnheit geworden, mindestens einmal im Jahr ist „alles Neu“ zum Community Day, also ist das dann doch vielleicht keine gänzlich neue kommunikative Gangart.
Aber die Botschaft, die nach außen ankommt, ist: „wir wollen ins Highend-Segment“. Also so richtig high, die ganz großen Fische, die Top-100-Unternehmen, und natürlich auf den amerikanischen Markt. Auf dem Weg dahin wird zwar noch das lower Midlevel-Segment (so 1-2 Millionen Shop-Umsatz pro Jahr) und irgendwas dadrüber mitgenommen, aber die Marsch- und Stoßrichtung wird klar.
Was sich hier geändert hat: noch vor knapp 2 Jahren war die Shopware-Cloud der letzte große Hype. Und dort gab es Tarife für jeden – von ganz klein bis ganz groß. Die ganz kleinen (kostenfreier Plan oder um die 30 € / Monat) sind schon im Februar diesen Jahres ex-kommuniziert worden, jetzt auch die etwas größeren (so um die 200 € / Monat). Die neuen Pläne heißen jetzt natürlich auch anders: „Rise“ (600 € / Monat), „Evolve“ (2.400 / Monat) und „Beyond“ (6.500 € / MOnat). Harter Tobak, und natürlich wird darüber auch bereits extern kommuniziert. (Wobei das Community Forum ja auch noch irgendwie unter kommunikativer KontrolleBeobachtung von Shopware steht.)
Kleine Randbemerkung: die Preise für Evolve und Beyond waren bis vor kurzem noch auf der Übersichtsseite angegeben – mittlerweile steht da nur noch „individueller Preis“. Da wurde die Kommunikation also scheinbar bereits schnell angepasst…
Eher eingeschränkt kommuniziert wird übrigens über die ehedem so hochgejazzte „Shopware Cloud“. Ausser den üblichen Marketing-Schlagworten gibt es nur mehr ein Kontaktformular. Eine Anmeldung oder Demo in „Eigenregie“ wird nicht mehr erwünscht. Eine ganz schön hohe Hürde in der schnellebigen SaaS-Welt, wie ich finde.
Was folgt daraus?
Keine Ahnung, das muss jede „Umwelt“ (Partner, Agentur, Plugin-Hersteller, Shopbetreiber…) für sich selbst entscheiden. Viele scheinen stinkig bis sauer zu sein, nicht wenige scheinen nach Alternativen zu suchen. Einige sind sicherlich weg, einige werden bleiben. Neue werden kommen – dann wohl diejenigen, die Shopware gerne kommunikativ „anziehen“ möchte. Ob der Plan letztlich aufgeht? Das wird sich zeigen – aber das eine oder andere Trauerspiel (Intershop, Magento, OXID) ist wohl noch präsent genug, dass hier Parallelen zumindest befürchtet werden können.
Für uns folgt: wir beobachten das und fahren unser Engagement mit und für Shopware sehr, sehr deutlich zurück. Eigentlich haben wir das aus anderen Gründen bereits schon getan.
Ach ja: noch etwas hat sich geändert – die Rahmenbedingungen. Obwohl Shopware stets die bodenständige münsterländische und inhabergeführte Firmenausrichtung hervorgehoben hat, gibt es seit Februar 2022 eine üppige Investitionsrunde von immerhin 100 Millionen US-$. Eingestiegen sind hier die bekannte Carlyle Group und als anteilsmäßig kleinerer Partner noch PayPal dazu. Die beiden Shopware-Brüder bleiben – vorerst – Mehrheitseigner. Es würde mich wundern, wenn allein diese Entscheidung nicht erhebliche Auswirkungen auf das gesamte Systemgefüge haben sollte.
Eins noch: Shopware wird nicht müde, seine intern diktierten Werte zu kommunizieren („offen, authentisch, visionär“). Ob diese im Unternehmen und jeder Abteilung wirklich so gelebt werden, erschließt sich in der Außenkommunikation eher nicht.
Ein – laut Shopware – wichtiger Faktor ist zudem die „Community“, die dank der Freigabe von Shopware 5 (und dann auch Shopware 6) als Open Source-Software das Ganze eigentlich erst richtig groß gemacht hat. Noch(!) scheinen die Unterstützer dabei zu sein, aber das kann auch schnell einmal kippen, wenn realisiert wird, für bzw. was hier eigentlich kontribuiert wird.
Aber vielleicht hat sich im Grunde doch gar nichts geändert, Shopware hat schon immer mehr als deutlich einen seiner kulturellen Kernwerte kommuniziert: möglichst viel Geld zu verdienen (was ja auch zunächst einmal legitim ist, allerdings will dies nicht so ganz zur restlichen Kommunikation von Offenheit, Open Source und Community passen). Insofern ist die neueste Ankündigung vielleicht nur folgerichtig, allenfalls neu wäre die Deutlichkeit der Preis-Kommunikation.
Es bleibt spannend. Aus systemtheoretischer Sicht sowieso.